Gegen Rassismus und Sexismus
26. November 2005 um 14.00 Uhr – Treffpunkt Hauptbahnhof Neuss
Treffpunkt Köln: 13.30 Uhr, Hauptbahnhof (Eingangshalle)
Gegen Rassismus und Sexismus
26. November 2005 um 14.00 Uhr – Treffpunkt Hauptbahnhof Neuss
Treffpunkt Köln: 13.30 Uhr, Hauptbahnhof (Eingangshalle)
In Neuss (NRW) befindet sich seit 1993 der bundesweit einzige Frauen-Abschiebeknast. Der Knast liegt mitten in der Neusser Innenstadt in einer ruhigen Wohnstraße und wird kaschiert durch eine unauffällige Fassade. In dem Knast sind momentan zwischen 60-80 Frauen eingesperrt. Der einzige Grund für die Inhaftierung der Frauen ist ihre Migration in die BRD.
Die Frauen kamen aus der ganzen Welt. Sie fliehen vor Genitalverstümmelung, Zwangsprostitution, Zwangsverheiratung. Sie entschließen sich zur Migration, weil sie in ihrem Herkunftsland keine Chance auf Bildung oder Ausbildung haben. Frauen entscheiden sich zur Flucht, weil sie als Lesben oder Angehörige einer ethnischen oder religiösen Minderheit verfolgt werden. Sie werden als politische Aktivistinnen verfolgt und müssen ihr Land verlassen. Frauen treffen die Entscheidung zur Migration, weil sie keine Möglichkeit sehen, genügend Geld zu verdienen. Sie migrieren, weil sie sich nicht in die vorgeschriebenen Frauenrollen pressen lassen wollen. Frauen fliehen vor Kriegen, vor den Folgen der Kolonialisierung. Sie werden vertrieben, sie entfliehen der gezielten Zerstörung ihrer wirtschaftlichen und ökologischen Lebensgrundlagen.
In einer sexistischen Welt, in der Frauen gesellschaftlich oft weit unter Männern stehen, verwundert es nicht, wenn z.B. allein erziehende Mütter ihr Zuhause verlassen in der Hoffnung auf ein besseres Leben, in der Hoffnung, ihren Kindern ein menschenwürdigeres Leben bieten zu können. In Deutschland bleiben ihnen doch oft nur die Wahl, zu heiraten oder – als Illegalisierte – ständig in der Angst zu leben, entdeckt und abgeschoben zu werden. Auch hier werden sie Opfer von sexualisierter Gewalt und Ausbeutung.
Abschiebehaft bedeutet für die Inhaftierten: bis zu 18 Monate eingeknastet hinter hohen Mauern und Sicherheitsdraht, bewacht von bewaffneten SicherheitsbeamtInnen. Kleine Zellen, rigide Schließzeiten, wenig Hofgang, eingeschränkte Besuchszeiten, kaum Telefonmöglichkeiten, ausgeliefert der Willkür des Personals, der Willkür des Apparats.
Häufig werden die Frauen nicht richtig über ihre Rechte aufgeklärt, die DolmetscherInnen, die zur Hilfe gezogen werden, übersetzen oft ungenau, für Frauen aus Afrika wird meist nur ins Englische übersetzt, selbst wenn diese Frauen nur rudimentär Englisch verstehen. So unterschreiben sie Dokumente, ohne zu wissen, welche Folgen dies für sie haben kann.
Nicht nur der Abschiebeknast in Neuss, sondern auch die Abschiebepraxis in Deutschland generell ist Ziel unserer Kritik. Ca. 1,5 Millionen Menschen, davon meist Frauen, leben zur z.Zt. in der BRD in einem Zustand der Illegalisierung, d.h. ohne gültigen Aufenthaltstitel und damit nahezu ohne Rechte.
Den Menschen per Definition zu illegalisieren, bedeutet unter anderem, sie für den Arbeitsmarkt ausbeutbar zu machen und sich damit frei verfügbares, unsichtbares und entrechtetes Potential an ungeheuer billigen Arbeitskräften zu schaffen. Über 70% der Frauen, die im Abschiebeknast Neuss eingesperrt sind, wurden bei Razzien in Bordellen aufgegriffen, da die meisten Kontrollen dort stattfinden. Die überwiegende Mehrheit von Frauen ohne Papiere arbeitet allerdings in gutbürgerlichen deutschen Haushalten, als Hausarbeiterinnen, als Kinderbetreuung, als Putzhilfe, in der Pflege.
Wir rufen jede und jeden dazu auf, gegen die sexistischen und rassistischen Gewaltverhältnisse in Staat und Gesellschaft zu demonstrieren, laut, entschieden und phantasievoll.